Digital Humanities in Regensburg – eine digitale Revolution der Geisteswissenschaften

|

Digitale Technologien haben einen immer größer werdenden Einfluss auf den Alltag vieler Menschen, sei es durch Handys, Computer, Social Media oder, wie seit Neuestem immer wichtiger, Chatbots wie ChatGPT. Von dieser Entwicklung sind auch viele Bereiche der Wissenschaft, auch der Geisteswissenschaften betroffen. Die Digital Humanities, als ein aufstrebendes interdisziplinäres Feld, sind Vorreiter dabei, eine Brücke zwischen der Erforschung digitaler Werkzeuge und Methoden und herkömmlichen geisteswissenschaftlichen Untersuchungsfeldern und Arbeitsweisen zu schlagen. Regensburg hat sich in den letzten Jahren durch spannende Forschungsarbeiten zu einem bedeutenden Standort für DH entwickelt. Also, tauchen wir ein in die aufregende Welt der Digital Humanities in der wunderschönen Universitätsstadt Regensburg…

Geschichte der Digital Humanities in Regensburg

Eine Verbindung zwischen computergestütztem Forschen und den Geisteswissenschaften hat in Regensburg schon eine lange Tradition, begonnen mit Programmierkursen für Sprachwissenschaftler*Innen in den 70er Jahren und der späteren Einführung von einem Modul Digital Humanities in den Master Medieninformatik. Der Grundstein für einen eigenen Studiengang wurde mit der Arbeitsgruppe DH gelegt, aus der heraus im Jahre 2017 der Master Digital Humanities an dieser Universität entstanden ist. Obwohl Digital Humanities ein eher junges Forschungsgebiet sind, hat es also in Regensburg schon eine vergleichsweise lange Tradition. (vgl. Burghardt und Wolff 2014)

Die Interdisziplinarität der Digital Humanities zeigt sich in Regensburg auch darin,  dass sie hier an zwei Fakultäten angesiedelt sind, auf der einen Seite an der SLK (der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften) und auf der anderen Seite an der 2022 neu gegründeten Fakultät Data Science. Dessen Schaffung war Teil der bayerischen Hightech-Agenda und soll, unter anderem durch das Etablieren von 15 neuen Professuren, für eine Stärkung Regensburgs und der Oberpfalz als KI-Zentrum sorgen. Innerhalb dieser neu ins Leben gerufenen Fakultät soll auf eine gute Zusammenarbeit gesetzt werden. Durch die spezifischen Vorteile der inkludierten Studiengänge soll es zu einem Austausch kommen, der dazu führt, dass neue Wissenshorizonte erreicht werden können. Mehr über die neue Fakultät und die Pläne zur bayerischen Hightech-Agenda kann man hier finden.

Aktuelle Projekte

Im Moment wird im Bereich der Digital Humanities in Regensburg an einer Vielzahl von verschiedenen Projekten gearbeitet und geforscht, sei es durch Lehrpersonen, Studierendengruppen oder im Rahmen der Erstellung der Abschlussarbeiten. 

Eines dieser Projekte ist zum Beispiel die Digitalisierung des Stelzenberger Archivs aus dem Heimatmuseum Geisenhausen bei Landshut. Ziel ist es hier, eine Digitalisierung des Zettel- und Exzerptarchivs vorzunehmen und eine neue Weboberfläche zu gestalten. Hier wird aktuell das Material gescannt und an der Weiterverarbeitung mit Hilfe von Texterkennungssoftware gearbeitet. Die Ergebnisse werden dann strukturiert und aufbereitet und das Archiv als digitale Version zur Forschung bereitgestellt. So soll die Menge an historischen Daten, die im Stelzenberger Archiv zu finden ist, leichter zugänglich sein und eine weitere Arbeit mit diesen Informationen einfacher gemacht werden. 

Die Digitalisierung des Stelzenberger Archivs ist ein aktuelles Projekt der DH in Regensburg.

Ein Projekt der Digital Humanities aus der Vergangenheit ist die sogenannte Digitalektor App, eine App zur Aufnahme von Dialektsprache. Ziel dieser Android-Anwendung ist es, schnell Sprache im Dialekt aufzunehmen, und diese gemeinsam mit Metadaten zur Sprecher*In zu speichern und so ein digitales Korpus zur Dialektsprache schaffen zu können. 

Im April 2023 wurde nun eine eigene Professur für Digital Humanities an der Universität Regensburg neu eingerichtet. Mit der Besetzung der Juniorprofessur kommen auch weitere Projekte nach Regensburg. Im Projekt m*w werden Genderstereotype und non-binäre Darstellungen in literarischen Texten untersucht. Anhand breit angelegter Korpusanalysen soll gezeigt werden, dass der Diskurs über Genderidentitäten, die von einer binären Einteilung in männlich und weiblich abweichen, nicht neu ist. Der Blick auf literarische Texte als wichtiges kulturelles Zeugnis zeigt nämlich, dass nicht-binäre Darstellungen von Gender seit Jahrhunderten zu unserer Kultur dazu gehören. Im m*w-Projekt sind wir übrigens immer auf der Suche nach neuen Textbeispielen, in denen nicht-binäre Genderdarstellungen vorkommen und freuen uns über Einreichungen im Rahmen dieser Umfrage.

Außerdem wird nun der RaDiHum20 Podcast – das Radio für Digital Humanities unter anderem auch aus Regensburg gesendet. Seit Juli 2020 werden hier regelmäßig Studierende und Forschende aus den digitalen Geisteswissenschaften interviewt. Immer am 20. eines Monats gibt es dann eine neue Folge zu Themen wie z.B. Theorie in den Digital Humanities, Veranstaltungsformaten wie dem DH-Pub-Quiz der virtuellen Jahreskonferenz vDHd2021 oder den Highlights der jährlichen Fachkonferenz.

Mehr Informationen zu weiteren spannenden Projekten in den Digital Humanities aus Regensburg kannst du auf dieser Seite finden, die wir laufend aktualisieren. Hier warten z.B. auch Infos über eine inhaltliche Analyse zu Tweets über den beliebten deutschen Tatort auf dich!

Veranstaltungen und Treffen

Bei den Regensburger Digital Humanities finden immer wieder Veranstaltungen, Workshops oder Lehrgänge statt, bei denen Interessierte sich über neue Entwicklungen in den digitalen Geisteswissenschaften oder in verwandten Themenbereichen informieren können. Aktuell (im Sommersemester 2023) findet zum Beispiel eine Ring-Vorlesung zu ChatGPT und Co. statt. Hier werden aus unterschiedlichen Perspektiven neue Entwicklungen im Bereich der KI-basierten Textgeneratoren, bzw. der dahinter stehenden großen Sprachmodelle (auch Large Language Models oder kurz LLM) betrachtet und Raum für Diskussionen und interaktives Lernen geschaffen. Vorträge halten sowohl Professor*Innen aus Regensburg, als auch Gastredner*Innen aus Forschung, Wirtschaft und Praxis. Mehr Informationen zur Vorlesung ChatGPT & Co. und einen Zeitplan über die Themen der nächsten Wochen finden Sie über die Website der Universität Regensburg.

Außerdem finden in den nächsten Wochen einige Veranstaltungen (Online und in Präsenz)  und Konferenzen statt, die sich mit Teilgebieten der Digital Humanities, beziehungsweise verwandten Bereichen wie Natural Language Engineering, beschäftigen. Ein wichtiges, wiederkehrendes Event ist zum Beispiel das Data Science Meet-up, bei dem in einem eher informellen Setting Themen aus dem Bereich der Data Science besprochen werden. Am 06. Juni findet das nächste Treffen statt, bei dem Daniel Wrigley von OpenSource Connections über Vector Search sprechen wird. Willkommen ist hier jeder, vom Erstsemester-Studierenden bis zum “Alten Hasen” des Forschungsfeldes.

Aussicht

Regensburg hat sich durch das Engagement der Dozent*Innen aus den Digital Humanities, Medieninformatik, Informationswissenschaft, und diverser verwandter Fächer und der Arbeit der Student*Innen zu einem bedeutenden Standort für digitale Geisteswissenschaften entwickelt. Und kontinuierlich wird weiter daran gearbeitet, neue Erkenntnisse zu gewinnen und Forschungsfelder zu erkunden. Gerade arbeiten zum Beispiel einige Student*Innen an ihren Abschlussarbeiten, die wieder neue, spannende Bereiche der Digital Humanities abdecken. Stöbern kann man durch aktuelle und ausgeschrieben Masterarbeitsthemen in dem Wiki der Abschlussarbeiten der Medieninformatik, auf der Webseite der Informationswissenschaften oder der neu eingerichteten Professur für Digital Humanities finden.  

Noch ein paar extra Infos zu den Digital Humanities in Regensburg findest du hier: 

https://www.uni-regensburg.de/assets/sprache-literatur-kultur/digital-humanities/2018-05-08_Flyer_DH_Master.pdf

Bibliographie

Burghardt, M. & Wolff, C. (2014).“Digital Humanities: Buzzword oder Strukturwandel der Geisteswissenschaften?“. In Blick in die Wissenschaft – Forschungsmagazin der Universität Regensburg, 23(29), S. 39-47.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert