Im Rahmen der Einführungsveranstaltung “Digital Humanities” haben Studierende verschiedener Studiengänge im Wintersemester 2022/23 verschiedene Projekte absolviert. Im Mittelpunkt der meisten Projekte stand die Analyse sozialer Medien, insbesondere Instagram. Dieser Beitrag bietet einen Überblick der Projekte.
Zwei Gruppen haben sich mit der Berichterstattung über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beschäftigt. Eine Gruppe hat internationale Beiträge gesammelt, die in verschiedenen Sprachen verfasst wurden, während eine andere Gruppe deutschsprachige Qualitätsmedien der Boulevardpresse gegenübergestellt hat. Im Projekt wurden simple Textanalysetechniken wie Frequenzanalysen genutzt, um die Nachrichtenquellen zu vergleichen.
Andere Gruppen haben sich stärker mit Bildinhalten und multimodalen Inhalten der Social-Media-Plattform beschäftigt. Ein interdisziplinäres Team hat sich der Body Positivity gewidmet und die vermittelten Schönheitsideale von Influencer:innen kritisch beleuchtet. Eine weitere Arbeit hat sich mit Fitnessinfluencer:innen beschäftigt, hier stand das Sponsoring der Marke ESN im Vordergrund: Die Studierenden haben Product-Placement und Vermarktung der Produkte in den Beiträgen näher untersucht.
Einen interessanten Einblick in die Welt der digitalen Kunstwerke und NFTs konnte ein Projektteam durch die Analyse der meistgehandelten Werke auf der Plattform OpenSea gewinnen. Hier wurden einzelne Merkmale der gesammelten Bilder händisch annotiert, dadurch konnten erste Muster zu den meistgehandelten NFTs abgeleitet werden.
Aus dem Bereich Public History hat sich eine weitere Projektgruppe gegründet. Hier lag der Fokus auf der multimedialen Wissensvermittlung. Im Projekt “Turmgeschichten” wurde ein digitaler Prototyp entwickelt und getestet.
Die nachfolgenden Abstracts geben einen kleinen Einblick in die jeweiligen Projekte. Sie zeigen eine Mischung aus Methoden, die in der Einführungsveranstaltung zu den Digital Humanities gelehrt wurden, mit Fragestellungen und Interessen aus verschiedenen Fachgebieten; an den Projekten waren Studierende aus den Masterstudiengängen Digital Humanities, Public History und Kulturvermittlung, Medienwissenschaft, Kulturwissenschaft, und Kunstgeschichte beteiligt.
Abstracts
Abstract Berichterstattung zum Angriff auf die Ukraine in Deutschland
Milena Bach, Sebastian Mißler
Im fortlaufenden Wandel der Kommunikationslandschaft haben sich soziale Medien als Quelle journalistischer Berichterstattung etabliert und wurden zu einem wichtigen Akteur im Meinungsbildungsprozess. Auch anerkannte Medien aus Rundfunk sowie Print haben ihre Inhalte auf diese Plattformen ausgeweitet. Resultierend entstehen Fragen nach Unterschieden in Berichterstattung sowie dem politischen Spektrum.
Im Seminar „Digital Humanities“ der Universität Regensburg im Wintersemester 2022/2023 wurde dieser Thematik im Kontext des Ukraine-Krieges nachgegangen. Die Arbeit dazu lautete: „Die Relevanz des Ukraine-Kriegs im nationalen Kontext“. Ziel war es, den Anteil der Kriegsberichterstattung sowie die relevantesten Themen in Bezug auf den Ukraine-Krieg in den Beiträgen ausgewählter Medien zu ermitteln.
Genauer betrachtet wurden hierfür die Instagram-Beiträge der Nachrichtenportale, der Bild, der Süddeutschen Zeitung sowie der Tagesschau im Zeitraum vom 01.01.2022 bis einschließlich 31.12.2022. Methodisch wurde zur Auswertung eine Frequenzanalyse angewandt. Mittels Stichwortsuche wurde innerhalb der Datensammlung nach wiederkehrenden Begriffen wie „Ukraine“, „Putin”, „Waffen“ usw. gesucht. Resultierend ergab sich eine Auflistung der absoluten Häufigkeiten der Stichwörter für jeden Monat des Jahres 2022, die auf das Verhältnis der Kriegsberichterstattung als auch auf die relevantesten Themen schließen ließ.
Die meisten Beiträge sowie den höchsten Anteil kriegsbedingter Posts lieferte die Tagesschau. Die Nennung der Stichworte „Russland“ und „Ukraine“ erfolgte nahezu im gleichen Umfang. Waffenlieferungen waren in der Berichterstattung zentral, was im Gegensatz zu den anderen beiden Medien besonders im ersten Quartal sichtbar wurde. Die Bild als auch die Süddeutsche Zeitung hatten im genannten Zeitraum eine ähnliche Anzahl von Posts, dennoch zeigte sich in der Bild eine durchgängig stärkere Berichterstattung des Krieges. Auffallend war zudem bei Bild der stärkste Anstieg der kriegsbedingten Berichte ab August von allen drei Medien. Die Süddeutsche Zeitung hingegen hatte durchgängig die wenigsten Berichte über den Krieg. Auch thematisch zeigten sich hier Differenzen. Von Quartal eins bis Quartal drei wurde die Ukraine dominanter genannt als Russland. Ebenso wurden Waffen weniger behandelt.
Abstract Berichterstattung zum Angriff auf die Ukraine International
Johanna Grünler, Katharina Kampa und Philipp Pielmeier
In dieser Arbeit wird die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt auf Instagram von verschiedenen internationalen Nachrichtenkanälen untersucht. Dabei stellt sich die Frage, ob es Unterschiede in der Berichterstattung zwischen den Nachrichtenkanälen vor und nach dem Kriegsbeginn gibt und ob diese Unterschiede geografisch bedingt sind.
Die Analyse basiert auf einem Datensatz von Instagram-Posts von sieben Nachrichtenkanälen aus verschiedenen Teilen der Welt. Die Posts werden in zwei Zeiträume unterteilt, vor und nach dem Kriegsbeginn im Februar 2022. Es wird festgestellt, dass die Berichterstattung über den Konflikt in den Nachrichtenmedien präsent ist und dass es Unterschiede in der Berichterstattung vor und nach dem Kriegsbeginn gibt.
Die Ergebnisse zeigen, dass vor dem Kriegsbeginn weniger kriegsbezogene Wörter verwendet wurden, während nach dem Kriegsbeginn eine verstärkte Berichterstattung über den Konflikt stattfand. Dies spiegelt sich in der Verwendung von Begriffen wie „Ukraine“, „Russland“ und „Krieg“ wider, die häufiger nach Kriegsbeginn auftauchen. Es wird auch festgestellt, dass die geografische Nähe zum Konfliktgebiet einen Einfluss auf die Berichterstattung haben könnte, da Nachrichtenkanäle aus Ländern in unmittelbarer Nähe zur Ukraine stärker über den Konflikt berichten.
Die Arbeit hebt die Bedeutung von computergestützten Methoden in der Medienanalyse hervor und zeigt, wie diese dazu beitragen können, eine größere Datenmenge aus verschiedenen Ländern zu analysieren. Dennoch werden weitere Untersuchungen empfohlen, um ein umfassenderes Bild der globalen Berichterstattung über Kriege zu erhalten und möglicherweise auch die Meinungen der gesamten Gesellschaft widerzuspiegeln. Es könnte auch sinnvoll sein, Sentiment-Analysen durchzuführen, um festzustellen, wie die Berichterstattung vor und nach dem Kriegsbeginn die Stimmung in der Öffentlichkeit beeinflusst hat.
Abstract Body Positivity – Eine Qualitative Analyse
Anna Ignjatovic, Adela Myslikova, Ronny Retschmeier
Dem medial vermittelten Schönheitsideal tritt der Trend des Body Positivity entgegen. Nicht länger sind auf sozialen Medien wie Instagram ausschließlich retuschierte Bilder von vermeintlich makellosen Körpern zu finden. Entsprungen ist diese Trend-Bewegung durch eine feministisch motivierte Fat-Acceptance Bewegung aus den Vereinigten Staaten und Kanada.
Untersucht wird, wie Influencer:innen sich auf ihren Accounts und unter dem Hashtag #bodypositivity ihren Follower:innen präsentieren und somit den Ursprungsgedanken der Bewegung inne tragen. Mittels des Algorithmus wurden vier verschiedene Influencer:innen ausgewählt, die eine gewisse Diversität hinsichtlich ihrer optischen Erscheinung bieten.
Diese Forschung weist methodische Komponenten der Digital Humanities, der Medienwissenschaft sowie der Kulturwissenschaft auf und beruft sich hierbei auf geistes- und literaturwissenschaftliche Grundlagen. Die visuelle Selbstdarstellung soll Aspekte wie Wertschätzung der Einzigartigkeit, Selbstakzeptanz und -liebe des eigenen Körpers vermitteln, die es den Follower:innen ermöglicht sich mit den Influencer:innen zu identifizieren und so ihren eigenen Körper annehmen und wertschätzen zu können.
Die Diversität des Schönheitskonzepts der Bewegung wird durch eine qualitative sowie quantitative Forschung ermittelt, indem eine größere Datenmenge (Big Data) hinsichtlich der verwendeten Bildausschnitte sowie deren Motive betrachtet und analysiert wurden – dies stellt eine Kontingenz- und Frequenzanalyse dar. Hierfür wurde ein Kategoriensystem erstellt, welches aus zwei Oberkategorien und verschiedenen Unterkategorien besteht. Ankerbeispiele, die gezielt ausgewählt wurden, dienen der Repräsentation der einzelnen Kategorien. Die linguistische Übersetzung der Visualität vermittelt deren Wertigkeiten, welche konträr gegenüber obsoleten Schönheitsidealen auftritt.
Abstract Geschlechtsspezifische Selbstinszenierung: Analyse der Vermarktung von ESN-Fitnessprodukten auf Instagram
Kessler Julia, Nett Ellena, Ousseni Océane, Traßl-Wilterius Annika, Umbreit Janosch
In unserem Projekt haben wir die Vermarktung von ESN-Fitnessprodukten auf Instagram analysiert, insbesondere mit Blick auf geschlechtsspezifische Unterschiede bei Fitness-Influencern. Wir haben digitale Methoden wie Scraping, Optical Character Recognition (OCR) und Bildannotation verwendet, um Einblicke in das Verhalten von männlichen und weiblichen Influencern zu gewinnen.
Die Analyse der Instagram-Stories von neun Accounts (der Kanal der Marke selbst sowie jeweils vier Frauen und Männer) über eine Woche ergab interessante Erkenntnisse. Die Influencer erwähnen oft nicht direkt die Marke ESN, sondern deren Produkte wie Designer Whey oder Cinnamon Cereal. Dem Publikum unterstellt ist eine klare Assoziation der Namen mit der Marke. So werden die Produkte als Teil des alltäglichen Lebens präsentiert – oft ohne Kennzeichnung als Werbung. Etwa 17,5% der Stories enthielten das ESN-Logo, wobei dies hauptsächlich von männlichen Influencern gepostet wurde. Männer setzen damit mehr auf die Präsentation der Produkte, während Frauen sich selbst als Markenbotschafterinnen inszenieren.
In Bezug auf die soziale Interaktion zeigte sich, dass Frauen in ihren Stories häufiger Gesicht und Hände zeigten, mit dem scheinbaren Ziel eine persönlichere Verbindung zu ihren Followern herzustellen. Männer hingegen neigen dazu, weniger direkte Interaktionen zu zeigen und nutzen soziale Medien eher als Unterhaltungsmedium: sie zeigen sich oft mehr bei Aktivitäten. So ergab die Untersuchung der Selbstinszenierung, dass männliche Fitness-Influencer häufiger im öffentlichen Raum, insbesondere im Fitnessstudio und „unterwegs“ zu sehen sind, während weibliche Fitness-Influencerinnen seltener aus solchen Umgebungen, sondern – tatsächlich ganz konservativ – aus der Küche posten.
Diese Untersuchung bietet spannende Einblicke in die Vermarktungsstrategien von Fitness-Influencern für ESN-Produkte und verdeutlicht die Rolle von Geschlecht und Selbstinszenierung in den sozialen Medien: unser Einblick in eine Woche Instagram-Fitnesswelt lieferte eine fast klischeehafte Bedienung klassischer Rollenbilder.
Abstract OpenSea Projekt
Ferah Noor, Mari McCarville
Im Zeitalter der Digitalisierung greifen Künstler zunehmend auf Technologie zurück, um ihre Werke online zu vermarkten. OpenSea, der größte Online-Marktplatz für digitale Kunst, verzeichnete seit seiner Gründung im Jahr 2017 ein rasantes Wachstum und zählte bis 2021 über 300.000 Nutzer (Kapoor et al. 622). Allein im August 2021 verzeichnete die Plattform ein erstaunliches Handelsvolumen von 3,4 Milliarden US-Dollar (Kapoor et al. 622). Dieser Popularitätsanstieg ist auf das Aufkommen der nicht-fungiblen Tokens (NFTs) zurückzuführen, die eindeutige Kennungen für digitale Kunstwerke bieten. Der wegweisende Verkauf von Beeple’s „Everydays: The First 5000 Days“ für 69 Millionen US-Dollar bei einer Auktion von Christie’s brachte NFTs ins Rampenlicht der breiten Öffentlichkeit und revolutionierte künstlerischen Ausdruck und kommerziellen Austausch im digitalen Raum (Reichert, 2021, 7). Diese Studie widmet sich dem unerforschten Gebiet der NFT-Kunst und kombiniert Kunstgeschichte mit digitalen Geisteswissenschaften-Tools.
Unser Ziel ist es, die Faktoren zu verstehen, die den Erfolg von NFTs auf Plattformen wie OpenSea antreiben, wobei der Fokus auf interner Kommunikation und Bildinhalt liegt. Durch die Analyse von Markt- und Kulturfaktoren versuchen wir, Trends und Muster innerhalb des NFT-Ökosystems zu identifizieren. Die Untersuchung geht über das Kunstwerk selbst hinaus und befasst sich mit den Beschreibungen und Statistiken der Top-300-Künstler auf OpenSea. Drei zentrale Forschungsfragen leiten die Studie: die Identifizierung gemeinsamer visueller Merkmale unter den Kunstwerken der Top-Künstler, die Bestimmung der am häufigsten verwendeten Wörter zur Beschreibung und Kontextualisierung ihrer Kunst sowie die Erkundung der Machbarkeit, ein CNN (Convolutional Neural Network) zur Erkennung visueller Merkmale und Trends in NFT-Kunst zu trainieren, angesichts der großen Menge an Bildern.
Abstract Regensburger Turmgeschichten
Lisa Gärtner, Benedikt Müller, Sabine Polegek
Wir starteten mit dem Ziel in das Seminar, unsere Ideen der Vermittlung von geschichtlichen Inhalten, der ansprechenden Gestaltung unseres Angebots sowie der Herstellung einer möglichst barrierearmen und intuitiven Nutzererfahrung zu kombinieren. Einen vielversprechenden Zugang für eine Auseinandersetzung mit der Regensburger Stadtgeschichte hatten wir bereits entdeckt: Von der erhöhten Position des Dreifaltigkeitsbergs aus bietet sich Besucher*innen ein fantastischer Ausblick über Regensburg – geprägt durch die hohen Türme der Stadt. Wir wollten das Potential des Ortes nutzen und entwickelten eine Website mit einem interaktiven Panorama, das Nutzer*innen die Möglichkeit bieten sollte, mehr über die einzelnen Türme und darüber hinaus über die Geschichte von Regensburg zu erfahren.
Als ersten Schritt nahmen wir eine Zielgruppenanalyse vor, um unser Angebot auf die Besuchergruppen des Dreifaltigkeitsbergs zuschneiden zu können. Mithilfe einer hochauflösenden Kamera nahmen wir am vorgesehenen Standpunkt mehrere Fotos auf, um diese anschließend mithilfe der Software Affinity Photo zu einem Panorama zusammenzufassen, das den Blick der späteren Nutzer*innen widerspiegeln sollte. In einem weiteren Schritt fügten wir mit dem Bildbearbeitungsprogramm Gimp verschiedene Ebenen und Umrandungen ein, um bestimmte Türme hervorzuheben und spezifische Filteransichten (z. B. alle Kirchtürme) zu ermöglichen. Außerdem formulierten wir zielgruppenorientierte Texte, die nun per Klick auf die jeweiligen Türme aufgerufen werden können.
Die Implementierung und Zusammenführung dieser Bestandteile fand mithilfe von Image Map Pro statt. Hier richteten wir unter anderem ein Ebenen-System mit Mouseover ein. Schließlich pflegten wir das Ergebnis auf WordPress ein.
Diesen groben Prototypen unterzogen wir schließlich einer Usability-Untersuchung, die wir durch Fragebögen im UEQ-Design und qualitative Interviews mit Testpersonen umsetzten.
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